Produktbeschreibung
Die Studie zur ersten Dekade des Erzählkinos im ausgehenden Zarenreich (1908-1918) untersucht charakteristische Körperkonzepte des Films in der wechselseitigen Beziehung von Kino, modernem Leben und menschlichem Körper.
Mit seinen neuen medialen Möglichkeiten der erweiterten Realitätsdarstellung brachte der Film am Ende des 19. Jahrhunderts eine neue Intensität in die Wahrnehmung von Körperrepräsentationen. Der Film zeigte nun den Körper in einer neuen ästhetischen Spannung von Authentizität, Verfremdung, Fetischisierung und Flüchtigkeit und schuf zudem neue mediale und ästhetische Konstellationen, die zahlreiche (theoretische) Überlegungen und künstlerische Artikulationen einer krisenhaften Moderne und deren Visionen eines Neuen Menschen – insbesondere einer Neuen Frau – hervorbrachten.
Anhand eines breiten Spektrums historischer Materialien zeichnet die Studie nach, wie der Film maßgeblich die Vorstellung des Menschen in der russischen Moderne, einer höchst transmedial geprägten kulturellen Epoche, mitgestaltete und spezifisch filmische Konzepte von Körperlichkeit modellierte. Dabei werden Praktiken aus Theater und Tanz sowie kulturelle, künstlerische und literarische Diskurse sukzessive mit filmästhetischen und filmtheoretischen Entwicklungen verschränkt und darüber hinaus punktuell mit parallelen Entwicklungen in Westeuropa verglichen. Mit dieser Methode der kulturhistorischen Konstellationsforschung stellt dieses Buch einen zentralen Beitrag dar, um die wenig beachtete Epoche des vorrevolutionären Stummfilms synchron in einen gesamteuropäischen Kontext des frühen Kinos zu integrieren, als auch diachron in eine russisch-sowjetische Filmgeschichte einzuflechten.